Sabato, 25 Maggio 2024 - 14:08 Comunicato 1333

Nobelpreisträger James Heckman hält eindrucksvolle Rede über soziale Ungleichheit und Generationenmobilität beim Wirtschaftsfestival von Trient
„Wir müssen Probleme an der Wurzel angehen, nicht nur die Symptome behandeln“, erklärt der Nobelpreisträger James Heckman

Beim Wirtschaftsfestival von Trient fesselte der Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften, James J. Heckman, die zahlreichen Anwesenden mit seiner aufschlussreichen Rede über soziale Ungleichheiten und Generationenmobilität. Die Konferenz unter dem Titel „Wie der Wohlfahrtsstaat Ungleichheit und soziale Mobilität beeinflusst“ hob er die deutlichen Unterschiede zwischen den Wohlfahrtsstaaten USA und Dänemark hervor. James Heckman, ausgezeichnet mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften im Jahr 2000, ist Henry Schultz Distinguished Service Professor of Economics und Direktor des Center for the Economics of Human Development an der Universität von Chicago. Er wurde von Laura La Posta, Chefredakteurin von Il Sole 24 Ore, interviewt.
How the welfare state effects inequality and social mobility/Come lo stato sociale favorisce il superamento delle diseguaglianze Nella foto: Laura LA POSTA; James HECKMAN [ Michele Lotti - Archivio Ufficio Stampa PAT]

Die Ursachen von Ungleichheit und sozialer Mobilität müssen aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden. „Ein tiefes Verständnis und eine korrekte Problemstellung sind entscheidend für eine wirksame Sozialpolitik. Doch wenn wir ein Problem sehen, behandeln wir sehr oft die Symptome, nicht aber die Ursachen. Ich habe mich immer dafür eingesetzt, die Ursprünge von Problemen zu verstehen. Durch den Vergleich zweier Länder kann man viel lernen”, betonte Prof. Heckman. Seine Forschung konzentriert sich hauptsächlich auf die USA und Dänemark - letzteres ist weltweit für seine effektive Wohlfahrtsverwaltung bekannt. Die Daten zeigen erhebliche Ungleichheiten in lateinamerikanischen Ländern wie Peru und Argentinien, während skandinavische Länder wie Dänemark und Norwegen die geringsten Ungleichheiten aufweisen. Die USA und Italien liegen irgendwo dazwischen. Was machen die skandinavischen Länder anders, um eine so geringe Ungleichheit zu erreichen?

 

Verschiedene Theorien wurden vorgeschlagen. Laut Prof. Heckman sollte ein investitionsbasiertes Modell in Betracht gezogen werden. „Eine Möglichkeit, diese Daten zu interpretieren, ist durch die Linse der Investitionen. Wenn man die Berechnung auf Eltern und Gesellschaft stützt, bestimmt das Ausmaß der gesellschaftlichen Investitionen das Schicksal der Kinder“, erklärte er. „Ungleichheit wird nicht durch familienfreundlichere Politiken gelöst; andere Faktoren sind im Spiel. Ich fand es erstaunlich, dass die Generationenmobilität in den USA und Dänemark ähnlich ist. Deshalb habe ich mich auf diesen Aspekt konzentriert“.

 

Im  Umgang mit solchen Fragen wird der Erwerb von Fähigkeiten entscheidend. Während der Bereich Bildung zunehmend von Staaten und der Gesellschaft Beachtung findet, bleiben andere Formen des Lernens unerforscht. Prof. Heckman betonte die entscheidende Rolle der Familie und plädierte dafür, dass Erziehung eine aktive Strategie zur Unterstützung des Lernens sein sollte. Kinder lernen von Geburt an auf unterschiedliche Art und  Weise – hauptsächlich durch Nachahmung und Tun – doch dieses Lernen wird oft übersehen, da das formale Schulsystem als wichtigste Quelle des Lernens angesehen wird. „Meiner Ansicht nach sind Schulen der ineffektivste Weg zu lehren. Die Eltern sind ausschlaggebend“, bekräftigte er.

 

Ein weiterer Aspekt, der kürzlich viel Aufmerksamkeit erhielt, ist der Standort: Wo Menschen leben, hat einen bemerkenswerten Einfluss auf ihr Leben. „Was verstehen die Menschen unter Standort? Schulqualität, Gleichaltrige, Annehmlichkeiten“, sagte Prof. Heckman. Während viele Eltern bei der Suche nach einem Wohnort die direkte Umgebung analysieren, sollte der eigentliche Fokus wieder auf die Familie, ihre Rolle in der Unterstützung von Lernprozessen und auf den Erwerb neuer Fähigkeiten zurückfallen, was wiederum die soziale Mobilität fördert. „Man lernt auch aus Fehlern: Wir sollten den Umgang mit Misserfolgen lehren. Stattdessen sorgen sich viele Eltern darum, die Gefühle ihrer Kinder nicht zu verletzen, und versuchen, sie vor Fehlern zu schützen. Doch auf diese Weise behindern sie den Lernprozess. Natürlich kann Versagen auch erdrückend sein: Versagen muss mit Unterstützung einhergehen“. Und hier ist die Rolle der Eltern wieder entscheidend.

 

Das vollständige Programm ist online verfügbar unter www.festivaleconomia.it 

(nb)


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