Sabato, 04 Giugno 2022 - 23:18 Comunicato 1697

Wie reagieren die Zentralbanken auf die zunehmende Inflation

WIRTSCHAFTSFESTIVAL TRIENT – Die Inflation ist stark angestiegen und fordert die Zentralbanken auf, auf den allgemeinen Preisanstieg zu reagieren, der in der Eurozone bei etwa 8 % liegt. Man dachte, es handele sich um ein schnell vorübergehendes Phänomen, aber das war nicht der Fall. In den letzten Wochen war das Thema der Inflationssteuerung im Mittelpunkt der europäischen Diskussion, bei der einige eine strengere Geldpolitik, d.h. höhere Zinssätze verlangen, und andere für eine flexiblere Geldpolitik und niedrigere Zinssätze plädieren. Die Europäische Zentralbank ist zum Handeln gezwungen.

Am späten Nachmittag im Auditorium Santa Chiara in Trient fand eine Podiumsdiskussion mit Maria Demertzis (stellvertretende Direktorin von Bruegel), Clemens Fuest (Wirtschaftswissenschaftler und Präsident des Ifo-Instituts), Marcello Minenna (Wirtschaftswissenschaftler), Roberto Tamborini (Dozent an der Universität Trient) und Jean Claude Trichet (von 2003 bis 2011 Präsident der Europäischen Zentralbank und von 1993 bis 2003 Gouverneur der französischen Zentralbank) statt. Marcello Minenna führte in das Thema ein und verglich dabei die Inflation in Europa mit jener in den Vereinigten Staaten: „In den USA hatte die Energiekrise keine größeren Auswirkungen, da man über das Erdgas aus Kanada verfügt, während in Europa der Anstieg der Energiepreise nach dem Ausbruch des Kriegs zwischen Russland und Ukraine extrem war. Die Preise für Industriegüter und Lebensmittel sind in Europa jedoch weniger stark angestiegen als in den USA. Was sollte die EZB also tun, um die Inflation zu senken? Die Nachfrage einschränken? Mein Eindruck ist, dass man auf Sicht fährt.“ Anschließend ergriff Jean Claude Trichet das Wort: „Diesseits und jenseits des Atlantik ist die Inflation unerwartet schnell gestiegen. Die Prognosemodelle hinken stets hinterher, wenn es darum geht, Krisen und den Absturz der Wirtschaft vorauszusehen. Alle Zentralbanken haben dasselbe Ziel, die Inflation bei 2 % zu halten und das gilt als positiv, ein Zeichen des Optimismus in einer sehr chaotischen Welt.“ Maria Demertzis zufolge ändert sich die Situation sehr schnell, und bereitet Wirtschaftswissenschaftler in vielerlei Hinsicht „Kopfschmerzen“, da die Inflation gestiegen und das Wachstum gesunken ist, wir uns jedoch jetzt in die entgegengesetzte Richtung bewegen sollen, aber durch die Senkung der Inflation sich die Produktion nur verschlechtern kann. Clemens Fuest sprach die Angst vor einer Stagflation an (eine Situation, in der ein allgemeiner Preisanstieg und ein mangelndes Wirtschaftswachstum gleichzeitig in einem Markt vorhanden sind) und von der unterschiedlichen Besorgnis über den Preisanstieg in Italien und Deutschland, die in Deutschland stärker ausgeprägt ist, obwohl die Unterschiede nicht so groß sind, und das europäische Interesse darin besteht, dafür zu sorgen, dass die Inflation nicht außer Kontrolle gerät. „Die Inflation, die wir jetzt in Europa haben, hängt mit den importierten Kosten zusammen und ist besonders schwerwiegend, weil sie zu einer Stagflation führt“, sagte Roberto Tamborini. „Um einen Euro Energie zu kaufen, muss man jetzt mehr Waren als vorher in Zahlung geben.“ Nach Auffassung des Dozenten lassen sich daraus drei Lehren ziehen: „Wir stehen vor einem Preisschock im internationalen Handel; die Stagflation ist ein Tribut, den man zahlen muss, aber man muss gleichzeitig Wege finden, um diesen Effekt abzumildern; es müssen Maßnahmen ergriffen werden, die nicht ausschließlich geldpolitisch sind, um die Inflation unter Kontrolle zu halten“.

(us)


Immagini