Lunedì, 07 Giugno 2021 - 09:49 Comunicato 1466

Piketty: Partizipativer Sozialismus, um im Wettbewerb mit China bestehen zu können

Die Herausforderung für die westlichen Länder heißt China. Und die Lösung, um siegreich dabei hervorzugehen, ist der Wechsel zum partizipativen Sozialismus, so die Aussage des Wirtschaftswissenschaftlers Thomas Piketty bei dem von dem Journalisten Francesco Manacorda moderierten Gespräch zum Thema „Für einen partizipativen Sozialismus“ im Rahmen des Trienter Wirtschaftsfestivals. “Die Entwicklung des Sozialstaats und die Steuerprogression waren ein großer Erfolg der westlichen Welt. Für die Zukunft bedarf es eines partizipativen Sozialismus, der die Rechte der Arbeitnehmer schützt und die Umverteilung des Reichtums fördert. 2050, nehmen wir mal an, könnte sich dieser Prozess konkretisieren. Das entspräche der heutigen Entwicklung. Es gibt einen Mechanismus, der uns zum demokratischen Sozialismus und zum partizipativen Sozialismus führt“, unterstrich Piketty.

Triebkraft der Veränderung sind für den Wirtschaftswissenschaftler einerseits der Klimawandel, andererseits das chinesische Regime. „Die globale Erwärmung ist eine Realität und hier gilt es die vorherrschende Ideologie zu verändern. Auch der Staatsozialismus von China treibt zur Veränderung: Es ist ein oppressives System und die kapitalistischen Länder müssen es ernst nehmen, weil dieses System auch seine Stärken hat. Die Antwort ist ein demokratischer Sozialismus, insbesondere für den südlichen Teil der Welt“, so Piketty. Er führt dazu ein konkretes Beispiel an: „Mit Besteuerung der multinationalen Unternehmen müssen wir uns nicht nur die Steuergelder holen, die heute eingespart werden, wenn diese Unternehmen in die Steuerparadiese umziehen, sondern wir müssen dieses Steueraufkommen mit dem südlichen Teil der Welt teilen, ansonsten wird der chinesische Kapitalismus die Oberhand gewinnen“. 

Der partizipative Sozialismus basiert auf zwei wesentlichen Elementen. Einerseits die progressive Besteuerung, wobei auf die Akzeptanz von Steuererhöhungen abzuzielen ist. In der Vergangenheit wurde die Erhöhung von 10% auf 47% akzeptiert. Heute sind viele Vertreter der Mittelschicht der Ansicht, dass die besonders Reichen der Besteuerung entgehen“, so Piketty. „Wenn wir uns die höchsten Einkommen ansehen, so gehen die Steuersätze in den USA viel weiter nach oben: 1918 erreichte der Steuersatz 94%. Bis 1980 betrug der durchschnittliche Steuersatz 81% und die Maßnahme des Staates wurde für die Leute akzeptabel gemacht. Unter Reagan wurde der Steuersatz auf 21% gesenkt, um das Wirtschaftswachstum zu stärken. Effektiv nahm die Wachstumsrate des Sozialprodukts hingegen ab. Die Hauptursache dafür lag meiner Ansicht nach in der Stagnation der Investition in Bildung, die seit den 80er Jahren ruhte. Eine Senkung der Steuern für die Reichen stärkt nicht das Wachstum. Notwendig ist eine Umverteilung des Reichtums“, setzt Piketty hinzu.

Für die Zukunft „bedarf es einer Besteuerung der Milliardäre, die Erbschaftssteuer muss auf Jahresbasis gestaltet werden und wir können mehr tun als bisher. Das ist notwendig, um Chancengleichheit zu gewährleisten und Geld für die Kinder der Armen zu haben“, sagt Piketty.

Ein weiteres grundlegendes Element des partizipativen Sozialismus „ist die Machtteilung in den kleinen Unternehmen“ zwischen Eigentümern und Arbeitnehmern, erklärt Piketty. Um das umzusetzen, muss man an der Einschränkung der Obergrenze der Stimmrechte des einzelnen Aktionärs etwas ändern.

Piketty geht auch auf den Vorschlag des G7 für eine globale Mindeststeuer für große Unternehmen ein. „Bisher ist es ja nur eine Ankündigung. Aber der Mindestsatz von 15% ist skandalös. Wenn alle 15% bezahlen würden, könnten wir keine Schulen und Krankenhäuser finanzieren. In Italien wären die Unternehmen froh, wenn sie solche Steuersätze hätten. Für mich ist es reiner Wahnsinn. Ein Unternehmen kann einen Sitz in einem Steuerparadies einrichten und hier 15% bezahlen. Das bestätigt offiziell den Eindruck, dass die Mächtigen weniger Steuern zahlen als die Allgemeinheit“, so Piketty.

(fm)


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