Lunedì, 06 Giugno 2022 - 14:04 Comunicato 1736

Gespräch mit Carlo Bonomi

WIRTSCHAFTSFESTIVAL TRIENT – Ein wettbewerbsorientierter Reformismus: So lautet das Rezept des Präsidenten von Confindustria Carlo Bonomi, der sich am Ende des 17. Wirtschaftsfestivals Trient folgendermaßen zur weltwirtschaftlichen Lage äußerte: „Wir müssen realistisch sein: Wir haben keine Rohstoffe. Die Sanktionen gegen Russland zeigen bisher noch keine großen Wirkungen. Es ist aufschlussreich, dass in den sechs Sanktionspaketen gegen Russland das Gas nicht angetastet wurde. Die europäische Integration ist in der Industrie entstanden und hat sich dort entwickelt. In den vergangenen Monaten haben wir gesehen, dass die Industrie eine Frage der nationalen Sicherheit ist.“
Festival economia 2022: al Palazzo della Regione Carlo Bonomi presidente Confindustria

Welche Szenarien wird es nach dem Konflikt in der Ukraine geben? „Ich denke, dass die Globalisierung weiterhin bestehen wird. Sie wird jedoch anders sein. Wir müssen uns entscheiden, ob wir wieder zur Politik der gegnerischen Blöcke zurückkehren oder einen Friedensprozess einleiten wollen, in den Russland und China einbezogen werden“, meinte der Präsident von Confindustria Bonomi, der gerade von einen Treffen von Business Europa in Prag zurückkehrte. Er erklärte, dass Polen und die baltischen Staaten eine sehr rigorose und entschlossene Haltung im Hinblick auf die Sanktionen hätten. Der Präsident der Tschechischen Republik, der ab 1. Juli das Amt des EU-Präsidenten bekleiden werde, habe die Absicht, sich auf die europäische Industrie zu konzentrieren. Die Industrie sei eine Frage der nationalen Sicherheit. Präsident Bonomi betonte auch, dass Italien dank dem aktiven Management der Energiekosten in den Produktionsketten eine der niedrigsten Inflationsraten in Europa habe und dass der Mindestlohn bei Confindustria nicht zur Diskussion stehe. „Unsere Löhne liegen alle über 9 Euro. Das eigentliche Problem sind die falschen Genossenschaften und die Piratenverträge. Ich verstehe auch nicht, warum die Gewerkschaften unterschiedliche Verträge für Metallarbeiter abschließen. In Italien sind 90 % des Arbeitsmarkts tarifvertraglich geregelt“, erklärte Bonomi, der zum Thema Arbeitskosten ganz klar der Auffassung ist, dass die Senkung dieser Kosten die einzige Möglichkeit sei, um das Einkommen der Arbeitnehmer und gleichzeitig die Betriebe zu sichern. „Ich höre keinen Vorschlag von Arbeitsminister Orlando. Dies wäre hingegen mein Vorschlag: 16 Milliarden Euro pro Jahr, die zu zwei Dritteln an die Arbeitnehmer und zu einem Drittel an die Unternehmen gehen sollen. Das wären 1.223 Euro pro Arbeitnehmer der Kategorie, die unter 35.000 Euro verdienen und am meisten benachteiligt sind. Das wäre weit mehr als eine einmalige Sonderzahlung von 200 Euro, die schon nach der ersten Stromrechnung weg sind. Aber wo können wir diese 16 Milliarden auftreiben? Durch eine Umstrukturierung der öffentlichen Ausgaben in Höhe von einer Billion Euro können 1,6 % eingespart werden.“ Bonomi holte dann zu einem weiteren Schlag gegen die Regierung aus: „Confindustria zählt nur 242.000 von 7 Millionen Arbeitnehmern, die ihren Arbeitsvertrag verlängern müssen. Die öffentliche Verwaltung zählt über zwei Millionen!“ Beim Thema Reformen gebe es laut Bonomi mit dem nationalen Wiederaufbauplan keine Ausreden mehr. Es müsse einen wettbewerbsorientierten Reformismus geben, aber man müsse aufpassen, denn die Ressourcen des Wiederaufbauplans seien größtenteils Schulden. Um diese zurückzuzahlen, sei Wachstum erforderlich. Allerdings könne man es sich nicht leisten, die Reformen aufzuschieben, die schon viel zu oft von den sich ständig im Wahlkampf befindenen Parteien blockiert wurden. Die Entscheidungen, die man heute treffe, werden Auswirkungen auf die kommenden 20 Jahre haben. In den seit einem Jahr still liegenden Gesetzentwurf betreffend den Wettbewerb habe Bonomi wenig Vertrauen, da er am Ende sehr schwammig sein werde. Zu den Ungleichheiten meinte Bonomi, dass diese nur durch Wachstum bekämpft werden können. Außerdem gebe es diese geschlechtsspezifischen, alters- und gebietsbezogenen bzw. qualifikationsbedingten Ungleichheiten in Italien nicht erst seit heute, sondern seit 160 Jahren. 

(us)


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