Giovedì, 02 Giugno 2022 - 15:41 Comunicato 1598

Ehem. Wirtschaftsminister Giovanni Tria im Saal der Philharmonie: „Wir brauchen Koordinierung und dürfen keine Fehler machen, sonst wird eine Stagnation eintreten“. Estevão (Weltbank): „Welt der zwei Geschwindigkeiten, Europa ist schockanfällig“
„Die drohende Rezession der Weltwirtschaft kann vermieden werden“

WIRTSCHAFTSFESTIVAL TRIENT – Ist die Weltwirtschaft vom Rezessionsrisiko bedroht? Ja, aber das können wir vermeiden, wenn wir eine Koordinierung unter den wichtigsten Volkswirtschaften gewährleisten und keine Fehler machen. Mit diesem aktuellen Thema beschäftigten sich am ersten Tag des Wirtschaftsfestivals Trient Giovanni Tria ˗ Ehrenprofessor für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Roma Tor Vergata ˗ und Marcello Estevão ˗ Direktor für Makroökonomie, Handel und Investitionen der Weltbank ˗ in einem Gespräch, das mit der Moderation von Isabella Bufacchi ˗ Journalistin und Korrespondentin von „Il Sole 24 Ore“ in Frankfurt ˗ im Saal der Philharmonie stattfand. Im Publikum, das den Saal füllte, waren viele junge Menschen zu sehen. Der Veranstaltung wohnten auch der Präsident der Autonomen Provinz Trient Maurizio Fugatti und der Landesrat für Wirtschaftsentwicklung Achille Spinelli bei.
Festival Economia 2022: alla Filarmonica “Rischio recessione per l’economia mondiale” (Marcelo Estevão Global Director for Macroeconomics, Trade, and Investment World Bank, Giovanni Tria Professore Onorario di Economia Università di Roma Tor Vergata, Isabella Bufacchi giornalista corrispondente da Francoforte Il Sole 24 Ore)

Nach Ansicht von Estevão sei im Spannungsfeld zwischen Angebotsschock und Erholung der Nachfrage eine positive Reaktion der Wirtschaft zu beobachten. In Europa sei die Arbeitslosenquote gesunken. Allerdings mussten wir zwei aufeinander folgende Schocks bewältigen: die nun hoffentlich nachlassende Coronapandemie und den Krieg in der Ukraine. Verschiedene Länder leiden unter Erdöl- und Nahrungsmittelknappheit sowie unter den Folgen der US-Währungspolitik. Das globale Gleichgewicht werde sich weltweit ändern, die Welt werde sich mit zwei verschiedenen Geschwindigkeiten bewegen. Europa sei in diesem Sinne anfälliger, aber man rechne nicht mit einer Rezession.

Tria stimmte grundsätzlich zu, warnte jedoch vor einer Verschlechterung der Wirtschaftslage. Wenn die führenden Länder falsche Entscheidungen in ihrer Wirtschafts- und Währungspolitik treffen, könnte eine Stagnation eintreten, welche die bestehenden Probleme zuspitzen würde. Es bräuchten geeignete Lösungen, um die expansive Geldpolitik zu beenden, die enorme Verschuldung der Unternehmen und der Regierungen zu bewältigen und die globalen Produktionsketten wiederherzustellen. Gegen das konkrete Stagnationsrisiko sei eine Koordinierung unter den Währungsbehörden der wichtigsten Länder wie während der Krise in den Jahren 2007-2008 erforderlich. Die Herausforderung bestehe darin, Liquidität in die Produktion zuzuführen, ohne eine Finanzkrise hervorzurufen und die Inflationsrate zu steigern

Auf die Frage der Moderatorin, wie die Lage der Schwellenländer in dieser Konjunkturphase aussehe, antwortete Estevão: „Für rohstoffabhängige Länder wie Tschad, Chile und Nigeria sieht die Lage nicht so negativ aus, anders als z. B. im Fall der Karibik. Hochverschuldete Länder wie Libanon und Sri Lanka befinden sich in Schwierigkeiten, Brasilien hingegen nicht“.

Die unterschiedliche Geldpolitik der EZB und der US-Federal Reserve, welche die Leitzinsen zur Bekämpfung der Inflation angehoben hat, führe laut Tria weltweit zum Anstieg des amerikanischen Dollars und somit auch der Inflationsrate in Ländern, die ˗ wie die EU-Länder ˗ Rohstoffe und Energie in Dollar importieren. „Wer wird z. B. in Italien die Kosten dieser Preiserhöhungen tragen? Die EZB hat sich richtigerweise Zeit genommen. Nun erwarte ich aber, dass die expansive Geldpolitik vorsichtig beendet wird und die Inflationskosten abgefedert werden. Darüber sind sich allerdings die EU-Länder nicht einig“.

Abschließend wurden die unterschiedlichen währungspolitischen Reaktionen auf globaler Ebene angesprochen. Laut Estevão werden in den verschiedenen Ländern verschiedene Entwicklungen  zu beobachten sein, laut Tria könnten die unterschiedlichen Ansatzweisen Ungewissheit hervorrufen und die Frage sei schließlich, wohin das Kapital fließt”.

(us)


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