Lunedì, 07 Giugno 2021 - 10:14 Comunicato 1467

Der Elefantenkapitalismus

Wenn man über Kapitalismus spricht, sind zwei Sparten erkennbar. Die westliche, d.h. der „liberale Kapitalismus“ der Vereinigten Staaten und Europas, bei dem es unter dem Gewicht der zunehmendenUngerechtigkeit im Gebälk knistert, und der „östliche Kapitalismus“, der unter dem Gewicht der Korruption knirscht. Welches Modell wird sich angesichts der Entwicklungen durch die Covid-19-Pandemie durchsetzen? Der serbisch-US-amerikanische Ökonom Branko Milanovic versucht insbesondere die Auswirkung der Pandemie auf die verschiedenen Modelle zu verstehen, welche Tendenzen wurden gestärkt, welche geschwächt, welche politischen Vorschläge haben weiterhin Bestand.

Der Wirtschaftswissenschaftler Branko Milanovic betreibt Forschung im Hinblick auf die globale Ungleichheit und wichtige Studien über die Einkommensverteilung. Er war Ökonom bei der Weltbank und widmete sich dann der Untersuchung der Ungleichheit in einem breiten Ansatz, mit Betrachtung der Ungleichheiten innerhalb der einzelnen Länder. Heute veränderten die unterschiedlichen Reaktionen auf die Krise in den verschiedenen Teilen der Welt sowohl die Globalisierung, als auch die Rolle des Staates. Daraus entstand ein Buch mit dem Titel “Capitalism, alone”, das 2019 erschien (die deutsche Version heißt “Kapitalismus global“). Die wesentliche These lautet, dass es auf der Welt nur den Kapitalismus gibt. Er ist nicht mehr das dominante oder das gewinnende System, sondern das einzige existierende Produktionsmodell. Und dass wir ohne den Kapitalismus nicht mehr auskommen.

Die epochale, starke Veränderung ergab sich aus dem Aufstieg der asiatischen Länder und der daraus resultierenden erneuten Angleichung der wirtschaftlichen Macht zwischen Vereinigten Staaten und Europa auf der einen Seite und Asien auf der anderen Seite. Und vielleicht zum ersten Mal seit der Zeit der industriellen Revolution näherten sich die Einkommen der drei Kontinente wieder an und erreichten mehr oder weniger dasselbe relative Niveau (auch wenn sie in absoluten Zahlen höher sind). 

In seinem Buch erklärt der Autor diese Aussage. Wenn wir den Kapitalismus als das klar abgegrenzte System definieren, in dem die Produktion als Zweck den Gewinn, die Verbreitung der freien Lohnarbeit und überwiegend privates Kapital hat, das Ganze mit einer dezentralisierten Koordinierung, dann herrscht Kapitalismus auf der ganzen Welt.

Durch Kreuzung von Daten erarbeitete Branko Milanovic eine eigene Grafik, die so genannte Elefanten-Kurve, die er in all seinen Studien und Arbeiten verwendet. Mit Hilfe dieser Grafik zeigt er die Entwicklung der weltweiten Einkommen in den letzten 20 Jahren für jede Stufe der Einkommensverteilung auf. Deutlich wird auf einen Blick, dass die wenigen Superreichen der Welt auf einem steil aufsteigenden Ast sind, der in der Grafik einem Elefantenrüssel gleicht. Seine These wird dadurch bekräftigt, dass auf „Weltebene“ die Ungleichzeit zwischen den Ländern effektiv abnimmt. Sie steigt jedoch innerhalb der Länder, in denen der „liberale“ Kapitalismus herrscht. Die Verringerung des weltweiten Gaps, als Folge der Verlagerung von Reichtum und Wohlstand von der westlichen auf die östliche Mittelschicht, bewirkte eine Zunahme der Ungleichheit in unserem Teil der Welt.

(fm)


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